„Komm mir ja pünktlich nach Hause, sonst ist der Schweinebraten wieder
kalt. Ich habe keine Lust ständig warten zu müssen, hörst du, du alter Kauz!“
hallte es in meinem Inneren wider wie der nicht zu ignorierende Tinitus, den
ich seit einiger Zeit immer öfter bei meiner Arbeit verspüre.
Als stellvertretender Geschäftsführer eines führenden Autounternehmens komme
ich gelegentlich zu spät Heim zur Ehefrau; dabei gilt es, den ganzen Tag
Kündigungen zu tätigen und Geld auf eine Weise einzutreiben, die keine Rücksicht
auf Verluste duldet. Was für eine Freude, die ich täglich verspüren muss.
Warten. Warten. Warten. Es regt sich
nichts.
Ich sitze auf meinem Stuhl, tippe mit meinen nackten Fingern kontinuierlich auf
dem mahagonifarbenen Marmortisch herum und beobachte die Zeiger einer Uhr.
Tick-Tack-Tick-Tack. Die Zeit verrinnt, hält niemals an. Ich entschließe mich
aus dem grauen, ohne Blumen besetzten Raum zu entkommen. In einer Bewegung,
schon fast mechanisch trete ich, nach meinem schwarzen Mantel greifend, aus
meinem Büro aus. Mein Weg führt mich durch die hohlen Gassen, während mir die
Laternen als Wegweiser dienen und ein Licht im Dunkel spenden.
Warten. Warten. Warten. Es regt sich
nichts.
Die belebten Körper am meiner Seite nehme ich nur teilweise wahr. Ich erreiche nach
einer gefühlten Ewigkeit den Ort, von wo aus ich weiter nach Hause gelangen
kann. Doch eine Leere erfüllt mich bei dem Gedanken nach Hause zu fahren. Nach
Hause? Wie definiert man eigentlich sein Zuhause? Ein Ort, wo man sich geborgen
und frei wie ein Vogel fühlt..? Ich bin mir nicht sicher.
Warten. Warten. Warten. Es regt sich gar nichts.
Die Menschen um mich herum gehen an mir vorbei. Ihre äußeren Hüllen bewegen
sich hektisch wie Ameisen, die der Mensch mit Ameisengift vernichten will. Das
kann er gut – vernichten, was nicht erwünscht ist. Was würde der Vater des Himmels
dazu sagen? Wäre er stolz auf seine Nachkommen? Meine Kinder, die ich nie
gehabt habe, wären sie stolz einen Vater wie mich zu haben? Fragen über Fragen,
die keine Antwort verlangen, jedoch zu offensichtlich scheinen.
Warten. Warten. Wart… es regt sich was!
Es kündigt sich mit einem rauschenden Ton an. Ich sehe das Licht vor mir. Der
Moment kommt mir wie die endlosen Weiten des Universums vor. Während es sich
nähert, spüre ich eine leichte kühle Brise, die die aufsteigende Wärme in mir
für einen kurzen Augenblick inne halten lässt. Ein Schritt. Zwei Schritte. Drei
Schritte. Eine mögliche Erlösung für mich? Es kommt immer näher und näher und
ich spüre das Verlangen mich frei wie die vom Wind getragenen Blätter einer
mächtigen Eiche zu fühlen.
Doch ich trete zurück und steige wie gewohnt in den Zug ein und fahre, wohin er
mich auch bringen mag.
©
Eine von mir geschriebene Kurzgeschichte. Meinungen? :))
Momentan bin ich mitten im Schulstress, so wie es in der Oberstufe auch zu erwarten war. Daher komme ich selten zum Fotografieren und zum bloggen, obwohl ich den wunderschönen Herbst mit all seinen Facetten festhalten würde..
Eure Kurzgeschichtenschreiberin Maria.
xoxo